Im Gespräch mit Petra Zschüntzsch, pädagogische Leitung von KiTa Bremen, werfen wir einen Blick auf die zukünftige Entwicklung der Pädagogik. Seit 2016 prägt Zschüntzsch mit ihrer Expertise und langjährigen Erfahrung die Entwicklung des Trägers. Erfahren Sie mehr über die bevorstehenden Herausforderungen und Möglichkeiten der Pädagogik von morgen.
Von Kitastrophe bis Kita-Gipfel – selten wurde frühkindliche Bildung so öffentlich diskutiert wie heute. Welchen Einfluss haben die Debatten auf die pädagogische Ausrichtung von KiTa Bremen?
"Die Debatten machen deutlich, dass frühkindliche Bildung von der Gesellschaft gesehen wird. Unser Tätigkeitsbereich gilt als ein wichtiger Teil der Bildungsbiografie. Der hohe Stellenwert der uns damit zugeschrieben wird, ist richtig und wichtig. Gleichzeitig bedeutet es aber auch, dass die Anforderungen an die Kindertagesbetreuung und somit an unsere Häuser steigen. Die Gesellschaft diskutiert sehr deutlich mit, was frühkindlichen Bildung leisten soll. Dahinter steht nicht selten ein wirtschaftspolitischer Anspruch, Kinder zu gut ausgebildeten Fachkräften heranwachsen zu lassen und Eltern die Berufstätigkeit zu ermöglichen. KiTa Bremen hat als öffentlicher Träger eine ganz besondere Verantwortung, wenn es darum geht, dass jedes Kind einen Kitaplatz bekommt. Vor dem Hintergrund müssen wir als KiTa Bremen deutlich darstellen, was wir brauchen, um die gewünschte, gute frühkindliche Bildung anzubieten zu können."
KiTa Bremen betreut aktuell 1.749 Kinder mit Förderbedarf. Was planen Sie zur Unterstützung der Einrichtungen, um den Bedarfen gerecht zu werden?
"Wir werden weiter auf Ausstattung, Personalressource und Fachwissen setzen. Wir merken immer deutlicher, dass zusätzliches Fachwissen für Erzieherinnen und Erzieher benötigt wird. Deswegen haben wir ein weiteres Modellprojekt - die Inklusionsberatung. Eine zusätzliche Fachperson, mit besonderem Wissen in der inklusiven Pädagogik, berät dabei die Fachkräfte in den Einrichtungen. Gleichzeitig wollen wir aber auch neues Personal gewinnen, um zu entlasten. Eine Möglichkeit wäre es, Stellen für systemische Unterstützungskräfte zu schaffen. Ähnlich wie persönliche Assistenzen, unterstützen sie Kinder im Kita-Alltag. Mit ihrer Einstellung wollen wir Vakanzen im Bereich persönlicher Assistenzen abmildern und eine systemische Lösung zur Unterstützung der Kinder ermöglichen."
Was sind die nächsten Schritte, um das Konzept „Kinder- und Familienzentren“ weiterzuentwickeln?
"Erst einmal freue ich mich sehr, dass wir gerade aktuell das Rahmenkonzept für die Stadt Bremen erhalten haben. Unser Konzept, das vorsieht Kinder und Familien über die klassische Kindertagesbetreuung hinaus zu unterstützen und zu begleiten, hat jetzt sowohl im politischen als auch im trägerübergreifenden Diskurs eine gute Basis erhalten. Um das Konzept weiterzuentwickeln bleibt für uns die Mitarbeit in trägerübergreifenden Arbeitsgremien wichtig. Hierzu zählt auch das Engagement im Bundesverbandes der Familienzentren e.V. Das Wirken im Präsidium ermöglicht es uns, neuen Input zu generieren. Unser Blick richtet sich aber auch auf die Verstetigung der aktuellen, stadtteilorientierten Arbeit Zudem arbeiten wir an der Sichtbarkeit des Konzepts in der Öffentlichkeit. Es ist wichtig, die gute Arbeit unsere Häuser darzustellen. Das ist einerseits für die konzeptionelle Legitimierung wichtig, andererseits auch für die Fachkräftegewinnung."
Was sind die wichtigsten Entwicklungsfelder für die Pädagogik von Morgen?
"Inklusion und Vielfalt sind und bleiben die Säulen unserer pädagogischen Arbeit. Das ist das Selbstverständnis von KiTa Bremen, welches wir unter dem konzeptionellen Dach von Kinder- und Familienzentren weiterentwickeln. Ein Entwicklungsfeld sehe ich dabei konkret in der Teamstruktur unserer Häuser. Wir brauchen multiprofessionelle Teams. Das Fachwissen muss um psychologische, medizin-therapeutische und sozialpädagogisches Expertisen erweitert werden. Was die Pädagogik von Morgen aber auch beschäftigen wird, ist der gesellschaftliche Wandel. Wir müssen uns verstärkt mit den Themen Flucht, Armut, Populismus und Ausgrenzung auseinandersetzen. Es gilt pädagogische Antworten auf diese gesellschaftlichen Herausforderungen zu finden. Aus meiner Sicht wird es dabei künftig hoch relevant sein, im Alltag unserer Häuser demokratische Werte zu leben und sie mit zu gestalten. Wenn wir mit Kindern partizipativ arbeiten, erleben sie früh wie sie sich in die Gesellschaft einbringen und sie mitgestalten können. "
Wo sehen Sie KiTa Bremen in 10 Jahren?
"Unsere Kinder- und Familienzentren sind in der gesamten Stadt Bremen etablierte Knotenpunkte für die gesamte Familie – unabhängig von Indexlagen. Wir sind mehr als nur ein
Anbieter von Kindertagesbetreuung. Mit unserem Wissen, unserer fachlichen Expertise,
aber auch unseren Erfahrungen bieten wir auch künftig Antworten auf gesellschaftliche Fragen. Das macht uns unverzichtbar. Voraussetzung dafür sind entsprechend gute Rahmenbedingungen für unsere pädagogische Arbeit."