Frühlingspost 2020 | 09.04.2020 - „Was willst Du später werden?“ Eine Frage, die für Yildiz Nergiz (40) nicht einfach zu beantworten war. Dass sich Frau Nergiz heute bei KiTa Bremen in einer Ausbildung zur Erzieherin befindet, war noch vor einigen Jahren kaum absehbar. „Das ist meine dritte Ausbildung. Ich bin gelernte Reiseverkehrskauffrau und habe anschließend BWL studiert. Ich dachte mir aber schon früh, dass ich im sozialen Bereich eigentlich besser aufgehoben wäre.“, erklärt die Auszubildende.
Berufswechsel - Der Kampf mit der Vernunft
Den ersten Versuch im Feld der Kindestagesbetreuung Fuß zu fassen, wagte Frau Nergiz 2010, als sie ihren Job bei einer Personalberatungsfirma kündigte und ein Praktikum im Kindergarten machte. Beruflich weiter ging es hier aber nicht: „Ich war zu dieser Zeit arbeitssuchend. Vom Arbeitsamt gab es keine Unterstützung. Hier hieß es, ich solle zusehen, dass ich mich in meinem ursprünglichen Berufsfeld bewerbe.“ Die Entscheidung ins alte Tätigkeitsfeld zurückzukehren war eine Sache der Vernunft. Alte Zweifel holten Frau Nergiz aber letztlich ein und der Entschluss zur beruflichen Neuorientierung fiel „Andere sehen den Wechsel vielleicht als mutig. Für mich war das aber eine logische Konsequenz: Ich muss noch 27 Jahre arbeiten. Jeden Tag irgendwo hinzugehen, wo ich unglücklich bin macht keinen Sinn. Ich bin Pragmatikerin – ich mach das jetzt, basta!“.
Der Entschluss im sozialen Feld arbeiten zu wollen, führte allerdings nicht zum Berufseinstieg. Es wurde deutlich, dass Frau Nergiz ohne eine pädagogische Ausbildung ihrem Berufswunsch nicht näherkam. Recherchen zum Thema Ausbildung führten zu KiTa Bremen, wo sie mit Natalie Schultz in Kontakt trat. Als Ausbildungskoordinatorin verantwortet Frau Schultz die Weiterentwicklung von Ausbildungsformaten bei KiTa Bremen und ist Ansprechpartnerin für Bewerber*innen. „Ich berate über etwas, dass ich letztlich nicht anbieten kann. KiTa Bremen ist nicht Ausbilder, sondern Praxisstelle. Die Beratung hilft aber trotzdem!“, betont Frau Schultz. „Ich motiviere Interessierte ihren Traum nicht aufzugeben. Gemeinsam suchen wir nach Anknüpfpunkten in den Berufseinstieg.“
Knackpunkt: Ausbildungsgehalt
Schwierig für Personen, die sich beruflich umorientieren ist - laut Natalie Schultz - die Finanzierung der Erzieher*inausbildung. Anders als in dualen Ausbildungen, sieht die klassische schulische Ausbildung kein Gehalt vor - fordert stattdessen vereinzelnd Schulgeld. „Ich glaube, dass viele in meiner Situation von einem Wechsel abgehalten werden, weil sie es sich nicht leisten können.“, erklärt Yildiz Nergiz. Um sich den Bedürfnissen der Bewerber*innen besser anzupassen, arbeiten Bremens Behörden, Fachschulen und Träger an neuen Ausbildungsformaten. Aktuell zählt hierzu das Modellprojekt „Praxisintegrierte Ausbildung (PiA). PiA-Auszubildende arbeiten in der dreijährigen Ausbildungszeit vom ersten Tag in einer Kita und erhalten ein Ausbildungsgehalt. Für Yildiz Nergiz war PiA letztlich das Wunschprogramm. Auf ihre Bewerbung folgte die Zusage. Seit August 2019 arbeitet sie im Kinder- und Familienzentrum Warturmer Platz.
Weiterentwicklung klassischer Ausbildungsformate
„Als Bewerberin muss man sehr zäh und motiviert sein. Denn zwischen Bewerbung und Zusage liegen viele Raster, durch die man fallen kann.“, erklärt Natalie Schultz. Sich auf das PiA-Programm zu verlassen, rät Schultz Berwerber*innen allerdings nicht. Es sei ein Modellprojekt mit Ablaufdatum. „Wichtig ist, dass das klassische Ausbildungsprogramm für Erzieher*innen weiterentwickelt und attraktiver gestaltet wird, um den Bedürfnissen von Bewerberinnen wie Yildiz Nergiz besser begegnen zu können.“ Wie es für Yildiz Nergiz nach ihrer Ausbildung weitergeht, darüber mache sie sich heute noch keine Gedanken: „Ich möchte irgendwo sein, wo es mir gut geht. Wenn das bei KiTa Bremen der Fall sein sollte, dann habe ich nichts dagegen.“
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